Pressespiegel





Am 01.09.2001 schrieb die Rhein-Zeitung in der Regional-Ausgabe Ahrweiler:



Seit 40 Jahren macht er Dampf

Karl Nett aus Brohl fährt am liebsten mit der Lok - 100 Jahre Brohltalbahn: Mit 15 Stundenkilometern durch die Landschaft



Lokführer zu werden, ist wohl irgendwann einmal der Traum eines jeden Jungen. Für Karl Nett aus Brohl wurde er Wirklichkeit. Seit mehr als 40 Jahren fährt er bei der Brohltalbahn eine Dampflok. 1998 ging er in den Ruhestand, trotzdem fährt er weiter.

• Von Jochen Tarrach

BROHLTAL. "Sind wir nicht gut hoch gekommen?", fragt Karl Nett im Bahnhof von Oberzissen und strahlt dabei fast wie ein kleiner Junge. So einfach ist es nicht, die kleine, 1951 in Polen gebaute Dampflok der Brohltaleisenbahn mit ihrer schweren Last das Tal hinauf zu fahren. Weiter als bis nach Oberzissen fährt sie allerdings nicht, denn die Bremseinrichtung ist für die Talfahrt auf dem Teilstück von Engeln nach Oberzissen nicht entsprechend kräftig gebaut. Eine Gegendruckbremse fehlt. "Für eine solche Lok muss man Gefühl haben, man muss sie lieben", sagt er. Streckenkunde sei wichtig, denn nur so wisse er, wann er mit Schwung eine Steigung angehen muss und wie eine Kurve. Karl Nett weiß es genau, denn seit 1952 ist er die Strecke viele tausend Mal gefahren - mit 15 Stundenkilometern. Zuerst nur beladen mit Phonolit, Basalt und Lava, jetzt fährt er begeisterte Eisenbahnliebhaber das Tal hinauf.

"Früher hatten wir Züge mit 120 Achsen", erinnert sich der Eisenbahnveteran. Heute sind es nur 22 Achsen. Für die kleine Dampflok No. 2135 genug, denn mehr als 300 PS leistet sie nicht. Die alte Lok No. 1 von 1927 hatte 1000 PS und zog ihre Last bis zur Endstation Kempenich. Das Schienenstück von Engeln nach Kempenich war für Karl Nett das schönste Stück der ganzen Bahn. "Heute existiert es leider nicht mehr", aber man wisse ja nie, ob es nicht doch irgendwann wieder gebaut werde.

Die No. 1 war für die großen Steigungen zusätzlich mit einem Zahnrad ausgerüstet, das in eine Zahnstange zwischen den Schienen griff. Diese Einrichtung wurde aber irgendwann abgebaut, da die Lok auch so stark genug war. Genau erinnert sich Karl Nett noch daran, dass die Feuerung der Dampfmaschine später auf Schweröl umgestellt wurde.

Fast traurig erzählt er, dass die schönen Dampfloks verschrottet wurden, als 1965 ihre Nachfolger mit Dieselmaschinen kamen. Nur die No. 11 sei noch da, und er hofft, dass sie 2006 wieder läuft - "dann ist sie nämlich 100 Jahre alt". Schnell kommt Karl Nett ins Erzählen. Begeistert berichtet der 1937 in Adenau geborene spätere Lokführer über seinen Vater, der ebenfalls über 40 Jahre bei der Brohltalbahn beschäftigt war. Er erzählt von seinem ersten Tag als Schlosserlehrling am 1. April 1952 und über die Jahre, die er als Heizer für Feuer unter dem Kessel sorgte. Ende der 50er Jahre machte er seine Lokführerprüfung, fuhr dann auch Diesellok, und als der Betrieb auf der Schiene nach ließ, im Auftrage der Brohltalbahn auch Bus. So kam er quer durch Europa. Als 1989 die zwei polnischen Dampfloks kamen, war klar, wo er seinen Platz hat, denn für solch ein Gefährt muss man eben Gefühl haben.

Bei der ersten Fahrt der "neuen" Loks stand natürlich kein anderer als Karl Nett hinter dem Gewirr von Hebeln und Rädern und gab kräftig Dampf. 1998 trat er in den Ruhestand, aber seine Dampflok, die fährt er noch immer, er kommt nicht von ihr los.

Die nächste Generation

Als Heizer ist Harald Zimmer aus Koblenz dabei. 1973 geboren, zählt er zur übernächsten Lokführergeneration. "Ich bin immer hier bei der Brohltalbahn, sie ist meine große Leidenschaft." Er fährt gern mit Karl Nett, denn der erzählt so viele alte Geschichten, "und man kann enorm von ihm lernen". Während der Fahrt berichtet der Lokführer von dem Bremser, der lange vor dem Krieg so voller Wein war, dass man ihn an das Bremsrad binden musste. "Heute unmöglich", lacht er.

Fröhlich winkt er den staunenden Menschen entlang der Strecke zu, schaut stolz aus seinem Fenster und freut sich über das große Interesse, das "seine" Bahn findet. Übrigens: Nach Feierabend beschäftigt sich Karl Nett zur Entspannung nicht mit einer Modelleisenbahn. Er sammelt Briefmarken.



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