Nach dem zweiten Weltkrieg, es war noch vor der
Währungsreform, fuhr der Personenzug 2x die Woche um 19.30 Uhr
von Brohl nach Kempenich. Die Ankunft dort war etwa um 21.15 Uhr.
Zurück ging es um 21.30 Uhr, und die Ankunft in Brohl war gegen
23 Uhr. Der Zug fuhr eines Abends um ca. 22.45 Uhr in den Bahnhof
Burgbrohl ein. Der Zugführer Neis ging dort zu dem
Lokomotivführer und sagte: «Wenn in Tönnisstein und
Schweppenburg niemand auf dem Bahnsteig steht, dann kannst du bis
Brohl durchfahren«.
Während der Fahrt war eine
Verständigung des Zugführers mit dem Lokomotivführer
nicht mehr möglich. Während der Zugführer Neis sich
mit dem Lokomotivführer unterhielt, stieg eine Frau aus
Wassenach unbemerkt in den Personenwagen ein. Diese Frau war dem
Zugpersonal bekannt, weil sie öfters abends mit dem Zug nach Bad
Tönnisstein fuhr.
Der Zugführer gab das Abfahrsignal und sprang dann auf den Zug auf. Als er die genannnte Frau sah, stellte er sich in eine Ecke, um nicht gesehen zu werden. Als der Zug auf dem Bahnhof Bad Tönnisstein nicht hielt, wurde die Frau unruhig.
Nachdem der Zug auch in Schweppenburg mit Tempo durchfuhr, fing der Fahrgast an zu lamentieren. Darauf der Zugführer Neis: »Frauchen, das ist ein Eilzug, wenn Sie jetzt nicht ruhig sind, muss ich noch Zuschlag kassieren«.
Anmerkung (Markus Doll): Die Geschichte Eil-Zuschlag ist mir in einer etwas anderen Variante bekannt. Ein Fahrgast, der am Haltepunkt Tönisstein aussteigen mußte, war während der Fahrt eingeschlafen. Nachdem an den Haltepunkten Tönisstein und Schweppenburg niemand ein- oder aussteigen wollte, fuhr der Zug ohne Halt nach Brohl. Bei der Einfahrt in den Bahnhof Brohl erwachte der Fahrgast und fing an, sich beim Schaffner zu beschweren, daß man ihn nicht rechtzeitig geweckt habe. Daraufhin entgegnete der Schaffner: Wenn sie jetzt nicht still sind, muß ich Eil-Zuschlag kassieren, das ist nämlich ein durchgehender Zug!
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